«Klappraum III», 1989, Polyesterharz, 200 x 150 x 12,5 cm (je äußere Wand)
«Klappraum III», 1989, Polyesterharz, 200 x 150 x 12,5 cm (je äußere Wand)

 

 

A n j a  H o i n k a  gießt aus Polyesterharz "Klappräume". Der Grundgedanke mag gewesen sein, eine mobile Skulptur zu schaffen, die auf verschiedene Raumgefüge je anders antworten kann. Anja Hoinka geht aus von einem schmalhohen Kasten, der sich durch ein Scharnier derart auffalten läßt, daß zwei gleichhohe Schenkel sich gegenseitig stützen. In diese Schenkel sind wiederum Türen ein- oder zweiflügelig eingepaßt, die sich ebenfalls öffnen lassen.

In der gezeigten Arbeit "Klappraum III" berühren sich im nach innen geöffneten Zustand die Türen so, daß sich eine dritte Wand ergibt, aber auch ein Durchgang geschaffen ist. Die Klappräume erinnern entfernt an die japanischen Rollbilder, die nur vorübergehend zur Besichtigung freigegeben werden. Sind die Klappräume geöffnet, laden sie ein zum Begehen. Das Material scheint harmlos, die Größe ebenfalls. Gefährlich wird es, weil man in diesen Räumen im Raum verschwinden kann, jedenfalls kurzzeitig. Geht man hinein und schließt die Türen vor und hinter sich, so steht man wieder im Freien, aber zugleich tut sich eine neue Aussicht auf, die als Bühne funktionieren kann. Raumfolgen ergeben sich wie in einer Architektur, die vorbereitenden Charakter hat, dem Betreten folgt schlagartig das ereignishafte Erkennen der äußeren wie der inneren Form der Skulptur. Und die nüchternen Klappräume sind nichts weniger denn architektonische Metaphern für das Leben, als da sind: Eintritt, Durchgang, Innehalten, Heraustreten u.ä.m.

Und drinnen ist nicht mehr als was wir hineintragen (mit uns, in uns). Die Klarheit der Arbeit enthebt nicht der Frage, ob A n j a  H o i n k a   nun Biotope des Verschwindens oder solche der Verwandlung entwirft, Schutzräume oder Schleusen?

 

Hans-Peter Miksch, Nürnberg

 

(zur Ausstellung BIOTOPE – FERNE – KONTINENTE, Nürnberg 1989)